Treffen vom 20. März 2005. Thema: Auferstehung V

Gelesen und besprochen wurde Johannes 20, 24-29, Jesus erscheint dem Thomas:

Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, daß sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlaßt, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.
Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, werde ich nicht glauben. Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Da kam Jesus, als die Türen verschlossen waren, trat in ihre Mitte und sprach: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Thomas kommt nur bei Johannes vor. Er ist derjenige, der ein bisschen zäh, langsam, schwerfällig zum Glauben findet, der nicht gleich begeistert losbricht. Thomas ist in unserer Lage, die wir nicht sehen und doch glauben sollen.

Es kommt im Text 4x das Wort "Logos" (gr. für "Berufung") vor (Vers 24, 25, 27, 29). Zahl 4 = Nord, Süd, Ost, West = Erdweite = Staat. Die ganze Erzählung betrifft die Erdweite, den ganzen Kosmos, die Menschen in der Staatsgesellschaft, nicht nur die Israeliten. 

Zwilling: "Thomas" heißt halt "Zwilling".

Einer der Zwölf: gr. "heis" = der Eine, der in der Gruppe das Sagen hat, der alles richtet; im Heidentum der Baal, bei den Israeliten Gott (Hebraismus im Griechischen) => Thomas ist der maßgebliche, der alles richten soll.

War nicht bei ihnen: Eigentlich: nicht mit ihnen, hat nicht mitgemacht. Der Eine muss aber mitmachen, das ist ja der Sinn.

Als Jesus kam: ausfahren -> kommen. Wann ist er ausgefahren? Kultisch: König im Vorhof des Tempels fährt aus vor den Herrn, mit Todnot beladen. Kommt am dritten Tag wieder mit dem Sieg über den Tod. Jesu Ausfahrt bei seinem Tod.

Wir haben den Herrn gesehen: Den Herrn über den Tod. Der Herr beruft dich, setzt dich ein und sendet dich. "Gesehen" ist gesehen, wie er aufgetreten ist, wie er funktioniert hat.

Werde ich nicht glauben: Eigentlich: "Trauen". Trauen muss der Knecht auf den Herrn in der Stunde der Berufung, wenn der Knecht aus allen Verhältnissen gerissen wird (Anmerkung: da muss man sich fast schämen in seiner Spießigkeit, Nüchternheit, wie wenig wir gelupft werden). Glauben heißt nicht "für wahr halten", sondern Berufung spüren, sich einsetzen und senden lassen.

Nach acht Tagen: am achten Tag, am Sonntag.

Wobei die Türen verschlossen waren: Nicht: er ging durch die verschlossenen Türen, nicht physisch.

Trat Jesus in die Mitte: erstand Jesus in ihrer Mitte.

Friede sei mit euch: (Shalom) Gedeckter Tisch, Hunger gestillt, Mahl ist der Inbegriff des Friedens.

Nicht ungläubig, sondern gläubig: Nicht untrauend, sondern trauend.

Mein Herr und mein Gott: = sei der, der über mich verfügt, dass ich deine Auferstehung bezeuge. Berufe mich, setze mich ein und sende mich. Das ist eine Berufungsszene.

Selig, die nicht sehen, aber glauben: glauben = trauen; selig: die, die einen Ausweg haben (hier: aus, dem Tod). Dieser Satz ist der, auf den es ankommt, weil Thomas ja der Eine ist.


Fazit:

Man kommt nicht darum herum: hier wurden Erfahrungen gemacht, dass derjenige, der im Grabe lag, erschienen ist. Diese Erfahrung hört dann irgendwann auf. Man muss sich deshalb auf diejenigen einlassen, die das bezeugen, die sich durch ein verändertes Leben ausweisen. Die Macht des Todes ist gebrochen: wenn man sie totschlägt, werden sie zu Märtyrern. Alle, die Glauben, müssen auf das Zeugnis hin zum Glauben kommen. Man muss daher zugestehen, dass die schauen: wie lebt denn der und wie stirbt der?

Wenn man einigermaßen rational gebildet ist, kommt man hier an die Grenze. Mit unserer Logik sind wir hier am Ende. Die kleine Ration kommt da nicht mehr mit. Aber die große. Die Wirklichkeit ist mehr, als man messen und wägen kann. Man kann sich dem Ganzen bloß in Ehrfurcht nähern. Man muss staunen können. Das Geheimnis bleibt, im Gegensatz zum Rätsel: das wird gelöst, dann ist es weg. Mit einem Geheimnis macht man sich vertraut und lebt daraus.

Das Sehen als Grundlage für den Glauben wird verworfen. Das Hören ist seine Grundlage. Hören muss man den Zeugen.


Exkurs: Gute Bibelübersetzungen: Buber hat die Übersetzung aus dem AT schlechthin gemacht. Ansonsten: Münchener Bibel.

(Christof)