Treffen vom 25. März 2007. Thema: Das Judentum

Wiederholung Seifermann Grundwissen:

 

In der Nomadenzeit ist „Leben“ der Hauch, die Atmosphäre in der Gemeinschaft (Hauch des Lebens). Das Nonplusultra im Zwischenmenschlichen; Voraussetzung für Gemeinschaft. Die Nomaden nennen den Hauch des Lebens El (Gott), das Unbedingte, was jeden angeht. Wenn man ein Haus betritt, merkt man sofort, ob’s stimmt. Ein Kind lebt davon. Das haben alle Gruppen. Alle würden jeweils sagen: „unser Gott“. So hatte unter vielen Gottwesen auch Israel unter vielen Gottwesens eines. Das war kein Monotheismus, sondern Henotheismus (heis (gr.) = der Eine). Sie hatten einen Gottglauben in dem beschriebenen Sinne; leugneten aber nicht, dass Andere andere Götter hatten.

 

Dagegen kann Leben im Staat vermeintlich nur noch unter Rückgriff auf die Dinge der Natur gefristet werden. Alle Gruppen, die den Schritt der Staatwerdung vollzogen, sahen nur noch dien Ich-Erfolg: ich habe gearbeitet, das gehört mir. Der Staat hat das Gruppenwesen nicht gehütet. Jetzt hatte man das Wirtschaftsprinzip, das Naturprinzip, Baal (die Naturkraft). Man ist entzückt von ihm, macht Kulte für ihn: Baal des Himmels (Regen), Baal des Bodens (Adama), denn auch den Baal möchte man verehren (Götzen, falsche Götter). Das Andere wurde vergessen oder auf das Privatleben reduziert. Heute hat der Staat einiges übernommen von der Kirche, ist sozial. Aber wenn man ihn pur nimmt, ist es ein Wirtschaftsstaat.

 

 

Die Sonderrolle Israels/der Juden

 

Auch Israel kam mit der Staatwerdung unter David in diesen kulturgeschichtlichen Prozess hinein. Da standen die Propheten auf und wetterten dagegen. Dank der Propheten hat Israel als einziges unter den Staatsvölkern seinen Gottglauben behalten. Die Israeliten sind die „Gottglaubenden“.

 

Dann musste Israel Schläge hinnehmen und wurde zermahlen zwischen Babyloniern und Assyrern. Da musste eine neue Solidarität her, die aber auch oft unterlegen war. Israel wurde zu einem abgefallenen Israel und einem wahren Israel. Letztere wurden verfolgt, Erstere glaubten, sie würden es noch schaffen gegen die Babylonier. Aber nein, sie mussten ins Exil, verloren ihren eigenen Staat. Aber sie hatten eine unglaubliche Solidarität („unser Gott“). Damit hat man das Grundmuster des heutigen Israels: Israeliten sind ohne staatliche Bindung, aber solidarisch. Solche sind normalerweise nicht ortsgebunden, selbst nicht unter modernsten Verhältnissen => das Judentum ist zerstreut in alle Welt. Sie sollen unter den Völkern der Welt ein Zeichen für Gott sein, ein Segen (gilt auch für uns Christen). Der moderne Staat Israel hat damit nichts zu tun.

 

Den Staat Israel um das Jahr 0 konnte man vergessen. Man kam nicht nach Israel, um sich niederzulassen, sondern um zu pilgern. Die heutigen Juden stammen von Diasporajuden ab. Paulus z.B. ging immer zuerst in die Synagogen der Diaspora. Die Juden in der Diaspora betrachten den Staat nicht als Rettungsanker. Sie sind in den Staaten, in denen sie leben, immer ein Ärgernis: „In dieser Welt (der Staatenwelt) sind wir Fremde.“

 

Die Pharisäer hatten Angst, dass die pilgernden Diasporajuden zu Jesus überlaufen könnten. Pharisäer waren Juden, indem sie 100% Juden waren und abgeschottet gegen alles von außen, also auch den Römerstaat. Das andere ist es, im Geist (Zumutung des Herrn an seinen Knecht in der Stunde der Berufung) solidarisch zu sein, sicht nicht abschotten zu wollen. Das Verrückte ist: wer eine Gruppe mit Solidargemeinschaft bildet, hat immer Angst vor Überfremdung. Dann kann sich eine Geist-feindliche Verhärtung bilden (z.B. Angst vor Verlust des europäischen Christentums). Bei allem Gettojudentum haben sich Juden auch wunderbar auf die Völker eingelassen (Russen, Deutsche, ...) und blieben doch Juden. Die Europäer dagegen haben aus der europäischen Kultur heraus missioniert.

 

Die Juden haben noch den Punkt der blutsmäßigen Bindung, nicht nur der religiösen, was eine Sondernote bringt. Nur wer von einer Jüdin geboren ist, ist Jude. Man kann nicht konvertieren. Das sind Schutzmaßnahmen einer bedrängten Gruppe. Aufs blustsmäßige kann so jedoch nicht gebaut werden. Wer sich wirklich auf Gott einlässt, wird frei von all diesen Vorurteilen. Die Blutsgemeinschaft der Juden entspricht nicht dem Geiste Gottes.

 

 

Juden und Christen

 

Die Juden haben immer gespürt, dass Solidarität einen Häuptling (König) hat, der alle zusammenzuhalten hat (germanisch „Gemeinschaft“ = „kin“ => „Kind“ = „zur Gemeinschaft gehörend“, „Kinig“ (König) = „Häuptling“). Unser Gott ist in Sonderweise mit unserem König. Durch dessen Maßnahmen hält er uns zusammen. Der König Israels im Exil war weg, es waren nur noch Väter da. Aber der Gott Israels lässt in seiner Sorge um Israel doch nicht diese Stell unbesetzt! => Erwartung, dass Gott einen König setzt und dass dieser König keins von uns verloren gehen lässt. Jesus sammelte alle ein, wurde aber umgebracht. Der war es also auch nicht.

 

[Exkurs: Jesus hat im Vertrauen auf Gott sein Leben hingegeben in den Tod. Aber unser Gott hat ihn nicht im Tod gelassen, sondern ihn aus dem Tod erwecket. Alle Sterblichen sind ihm zugewandt, damit reißt er alle mit sich hinein ins Leben. Erweckung am Karfreitag („es ist vollbracht“): in die Treue Gottes gestorben und lebt. Am 3. Tag nahm er die Hauptrolle wieder ein (Auferstehung). Auferstehung hat immer zu tun mit der Gruppe.]

 

Die heutigen Juden können nicht schlucken, dass der Messias einer ist, der durch Leiden, Sterben, Tod gehen musste. Das will dem gesunden Menschenverstand nicht gefallen. Rom darf nicht der Ausweis dafür werden, dass Gott uns durch ihn zum Sieg  führt, sondern für Solidargemeinschaft. Die Juden glauben nicht, dass Jesus auferstanden ist, obwohl sie das kennen, dass ihr Gott der ist, der aus dem Tode erweckt. Sie sagen: nicht der da, ein Geschundener.

 

Wir sind das neue Israel, haben die Identität Israels mit Jesus Christus, auch der Gedanken „ein Segen sine für die Völker“ gilt für uns. Die Juden dagegen sind stehen geblieben, was sie aber nicht wahrhaben wollen. Die ersten Christen waren nur Juden, aber als die Synagogen die Missionare ablehnten, gingen sie zu den Heiden. Damit war aber die Mission (ein Segen sine für die Völker) erfüllt.

 

 

Religionen

 

Religionen sind immer an Naturvorgängen orientiert und können damit jederzeit neu entstehen. Das Christentum/Judentum dagegen geht zurück auf ein Ereignis (Auferstehung/Rettung aus Ägypten). Daher keine Religionen.

 

Buddismus: menschlicher Versuch der Selbsterlösung. Damit hat die christliche Meditation nichts zu tun.

 

Die klassischen Baalreligionen sind ausgestorben. Aber die Sache ist da: Die Wirtschaft tut ihren Mund auf und brüllt, und wehe dem, der sich dem widersetzt. Baalreligionen und Wirtschaft funktionieren nach dem Prinzip do ut des.

 

(Christof)